
Internet der Dinge, industrielles Internet, Industrie 4.0 – die Dinge entdecken das Netzwerken!
Wie bei jeder mit viel Medienwirbel ausgerufenen technologischen Revolution entsteht auch rund um das IoT gerade ein schwer überschaubares Begriffschaos. Neue Begriffe werden erfunden, alte wiederverwertet und natürlich gibt es unzählige Definitionen. Hier eine Orientierungshilfe.
Was hat ein IoT‑Produkt für Verbraucher mit einer intelligenten Fabrik gemeinsam – oder auch nicht? Worin unterscheiden sich das industrielle IoT und das IoT der Produktion? Und warum spricht man überhaupt vom Internet der Dinge (engl. Internet of Things, kurz: IoT) und erweckt so den Eindruck, Dinge würden sich nur übers Internet vernetzen, was definitiv nicht zutrifft?
Na, verlieren Sie langsam den Überblick? Kein Problem, das geht uns allen so. Ich habe auch gar nicht vor, noch mehr Verwirrung zu stiften. Vielmehr möchte ich einen sachlichen Überblick über die verschiedenen Strömungen innerhalb der IoT-Welt geben: Was ist neu und was verbirgt sich wirklich hinter den einzelnen Begriffen?
Wie wird aus einem Ding ein IoT‑Ding? Im Mittelpunkt der IoT‑Welt stehen Dinge, wobei es sich um Geräte, Maschinen, Gebäude etc. handeln kann. Diese Dinge verfügen über folgende Fähigkeiten:
- Sie können ihr Umfeld wahrnehmen, d. h. die Bedingungen in ihrer Umgebung messen. Normalerweise geschieht das über Sensoren.
- Sie sind in gewissem Maße in der Lage, Berechnungen auszuführen, d. h. sie sind intelligent. Ermöglicht wird dies durch Software, die in der Elektronik der Dinge integriert ist.
- Sie sind auf irgendeine Weise mit anderen Dingen oder Softwaresystemen vernetzt und können deshalb…
- Daten und Befehle mit anderen Dingen austauschen.

Um das noch besser veranschaulichen zu können, werde ich mich nun von der einfachsten Variante eines Dinges, dem unvernetzten Ding, bis zum vernetzten Ding im Internet der Dinge vorarbeiten.
Am Anfang stehen also Dinge, die nicht vernetzt sind. Mit anderen Worten, sie sind weder mit virtuellen noch mit anderen physischen Dingen verbunden. Typischerweise sind diese Dinge rein mechanisch und werden hydraulisch, pneumatisch oder mithilfe von Chemikalien angetrieben. „Nicht vernetzt“ ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einfach. Unvernetzte Dinge können sehr komplex aufgebaut sein und anspruchsvolle Funktionen erfüllen. Ihnen fehlt lediglich die Elektronik, die es ihnen ermöglicht, mit anderen Dingen zu kommunizieren.
Im nächsten Schritt statten wir unser Ding mit elektrischen und elektromechanischen Komponenten sowie Software aus. Nun kann das Verhalten des Dings durch die „Intelligenz“ seines eigenen Software-Algorithmus gesteuert werden. Die Einführung von Elektronik und Software bewirkt grundlegende Änderungen im Designprozess, da nun mindestens drei Komponenten unterschiedlichen Ursprungs – mechanische, elektronische und Software – gut aufeinander abgestimmt werden müssen..

Den nächsten Schritt in der Evolutionsstufe erreichen wir durch das Hinzufügen von Sensoren. Nun besitzt das Ding ein Gespür für sein Umfeld. Dadurch wird es noch raffinierter und klüger, schließlich kann es dank der eingebetteten Software nun Umgebungsbedingungen in seinen Entscheidungsprozess einbeziehen.
Zum Schluss erhält es noch die Fähigkeit, sich mit anderen Dingen (was auch sonst?) zu verbinden oder zu vernetzen. Das Internet der Dinge bietet unzählige Anschlussmöglichkeiten. Dinge können auf vielfältigste Weise und mithilfe verschiedenster Protokolle vernetzt werden, zum Beispiel Bluetooth, ZigBee, WLAN, 4G, GSM, NFC und MQTT, um nur einige zu nennen. Genau deswegen lehnen manche Menschen die Benennung „Internet der Dinge“ ab: Sie erwecke den Eindruck, dass sich Dinge nur über das Internet miteinander verbinden. Das stimmt definitiv nicht.
Nun kann sich unser Ding also mit anderen Dingen und Softwaresystemen verbinden und Daten sowie Befehle austauschen. Zeit, sein Innenleben genauer zu betrachten. Unser Ding besteht aus:
- Mechanischer Hardware, die für strukturelle Integrität sorgt und alles zusammen bzw. an seinem Platz hält (im Bild unten im grünen Kasten dargestellt).
- Elektrische Hardware, zum Beispiel Mikroprozessoren oder Mikrocontroller, Stromquelle, Datenspeicher und Kommunikationsanschlüsse (im hellblauen Kasten dargestellt).
- Elektromechanische Hardware wie Sensoren, Aktoren und verschiedene Ausgabegeräte, die elektrische Energie in mechanische umwandeln und umgekehrt (im gelben Kasten dargestellt).
Einem Mikrocontroller mit Betriebssystem, auf dem eine eingebettete Software läuft (im lila Kasten dargestellt).

Typische Bestandteile von vernetzten Dingen. Mit freundlicher Genehmigung von Diego Tamburini.
Die Entwicklung vernetzter Dinge ist anspruchsvoll: Designer aus unterschiedlichen Bereichen, die normalerweise verschiedene Werkzeuge nutzen und jeweils einen kleinen Teil zur Lösung des Hauptproblems beitragen, müssen eng zusammenarbeiten und sich genau abstimmen.
Fazit: Wir haben fantastische, intelligente, untereinander vernetzte Dinge, die ihre jeweilige Umgebung wahrnehmen. Na und? Das ist doch eigentlich alles schon seit Jahrzehnten Usus. Was genau macht die Dinge im Internet der Dinge so besonders? Hier die wichtigsten Ursachen für den Hype:
- Immer mehr Menschen können auf das Wissen, die Hardware und die Tools zugreifen, die zur Entwicklung vernetzter Dinge erforderlich sind. Das führt dazu, dass intelligente Dinge in immer größerer Zahl und Vielfalt angeboten werden. So entstehen zahlreiche innovative Anwendungen, von denen wir noch vor wenigen Jahren nicht mal zu träumen wagten.
- Die Beliebtheit von offenen Verbindungsprotokollen erleichtert es, Dinge von verschiedenen Herstellern miteinander und dann wiederum mit Unternehmenssoftwaresystemen zu verbinden.
- Die Systeme zur Datenauswertung werden immer ausgefeilter und die Cloud schafft ideale Bedingungen für High-Performance-Computing-Systeme. Diese Kombination ermöglicht es, aus den riesigen Datenmengen, die diese Geräte generieren, nützliche Informationen zu gewinnen.
Internet of Things, Internet der Dinge, Industrie 4.0, industrielles Internet der Dinge – wo genau liegt der Unterschied? Bis jetzt haben wir die IoT-Systeme sehr allgemein betrachtet und haben es bewusst vermieden, sie einem bestimmten Industriezweig zuzuordnen. Im Internet der Dinge gibt es eine grundlegende Gemeinsamkeit: Dinge, die sich vernetzen, Daten sowie Befehle austauschen und angeschlossene Dienste aktivieren.

Der intelligente Ofen June möchte die vernetzte Zukunft von der Küche aus revolutionieren. Er wurde unter anderem mit Autodesk Alias entwickelt und verbindet sich mit Ihrem iPhone oder iPad, um Ihnen beim Zubereiten verschiedenster Leckereien zu helfen. Mit freundlicher Genehmigung von June.
Doch dann hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Die Unterschiede werden deutlich, wenn wir uns vergegenwärtigen, welche Art von Dingen wir vernetzen und welchem Zweck die IoT‑Systeme jeweils dienen. Unter Berücksichtigung dieser beiden Aspekte kristallisiert sich heraus, dass es im Wesentlichen drei große Zielgruppen für IoT‑Systeme gibt: Verbraucher, Industrie und Produktion.
IoT‑Systeme für Verbraucher: Solche Systeme vernetzen Dinge, die die Verbraucher normalerweise zum eigenen Gebrauch in einem Geschäft kaufen würden, darunter Elektro- und Fitnessgeräte, Geräte zur Heimautomation und Sicherheitssysteme, aber auch Dinge, die der Freizeitgestaltung und Unterhaltung dienen. IoT‑Systeme für Verbraucher sollen die Lebensqualität steigern, indem sie dazu beitragen, unser Leben gesünder, sicherer und schöner zu gestalten. Genau an solche Anwendungen denken wir normalerweise, wenn es um das Internet der Dinge geht.
IoT‑Systeme in der Industrie: Hier geht es um die Vernetzung von Dingen, die Endverbraucher normalerweise nicht kaufen. Solche Systeme werden meist von Fachleuten oder Unternehmen erworben und zur Erbringung einer Dienstleistung verwendet. Dazu zählen zum Beispiel Industriemaschinen, Transportmittel (Autos, Züge und Flugzeuge), medizinische Geräte und Megasysteme wie intelligente Gebäude, intelligente Städte und intelligente Versorgungsnetze. In der Industrie sollen diese Systeme die Produktivität steigern und es Herstellern ermöglichen, sich durch zusätzliche Dienstleistungen von der Konkurrenz abzuheben. Ein weiteres Ziel besteht in der Reduzierung der Umweltbelastung. Außerdem entstehen industrielle IoT‑Systeme zur vorbeugenden Wartung sowie zur Energie- und Designoptimierung.

IoT‑Systeme für die Produktion: Hierbei handelt es sich um eine Untergruppe der industriellen IoT‑Systeme. In diese Gruppe werden Dinge eingeordnet, die in Produktionsprozessen in Fabriken eingebunden sind (Fabrikgebäude, Anlagentechnik, Materialtransportsysteme, Roboter, Warenlager usw.). Dort werden Produktionsanlagen und Software miteinander verbunden, um die Arbeitsabläufe in der Fabrik in Echtzeit zu optimieren, um automatisch betriebene Geräte aufeinander abzustimmen und um Lieferkette und Bestandsmanagement zu optimieren. In diesem Fall spricht man auch von der intelligenten Produktion bzw. manchmal von intelligenten Fabriken. Auf intelligente Fabriken zielt auch eine Initiative der deutschen Regierung ab, die Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 gibt.
Mit der Zeit wird diese neue Technologie weiter ausreifen und dann wird es auch einfacher werden, die Begriffswelt im Internet der Dinge abzugrenzen. Bis dahin wird viel diskutiert, reguliert und observiert werden, um herauszufinden, wer es schafft, das obere Ende der Nahrungskette zu erobern. Letztlich lässt sich jedoch alles auf folgende Erkenntnis zurückführen: Alles hängt mit allem zusammen.
Hinweis der Redaktion: Freuen Sie sich auf den zweiten Beitrag von Diego Tamburini, in dem er die Verbindung zwischen Daten und Geräten und deren Mehrwert für Verbraucher genauer unter die Lupe nimmt.
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